Photovoltaikanlage, Batteriespeicher, E-Auto, Wärmepumpe etc. – Gerade die aktuell ansteigenden Strom- und Gaspreise werfen viele Fragen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz dieser Technologien auf. Anbieter und Verkäufer versprechen viel, legen sich aber nur selten auf konkrete Zahlen fest und bei Fallbeispielen fehlen oft detaillierte Informationen.
Um Fragen der Wirtschaftlichkeit und Klimabilanzierung verschiedener Technologien zu beantworten haben wir in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen eine eigene Softwarekomponente entwickelt, die REConLib. Dort berechnen wir Stromerzeugung und -verbrauch in stündlichen Werten über einen Zeitraum von 20 Jahren. Basierend auf realen Wetter- und Messdaten und umfassenden technischen Modellen können wir so die Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz verschiedener Technologien wissenschaftlich fundiert beurteilen.
Übersicht zur Softwarekomponente
Die REConLib ist eine Toolbox in Python, mit welcher Energieertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalyse erneuerbarer Energien und verwandter Technologien durchgeführt werden können. Begonnen haben wir vor 5 Jahren mit der Simulation von Photovoltaik-Anlagen und Stromverbrauch. Seither haben wir die Softwarekomponente stets weiterentwickelt und können mittlerweile auch viele weitere Technologien in Simulationen abbilden: Elektrofahrzeuge, Batteriespeicher, Wärmepumpen und Kleinwindkraftanlagen.
Abb. 1: Übersicht der Modelle der REConLib.
Unser Vorgehen
Für eine technologie-übergreifende Analyse der Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz im Rahmen eines Projektes sind verschiedene Schritte erforderlich:
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Im ersten Schritt simuliert unsere Softwarekomponente, die REConLib, die Kombination verschiedener Technologien. Das Ergebnis ist eine Energieertragsanalyse mit detaillierten Zeitreihen bzw. präzisen Informationen wann bspw. die PV-Anlage Strom erzeugt und wie der Batteriespeicher diesen Strom für das laden E-Autos bereitstellen kann.
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Im zweiten Schritt führen unsere Berater*innen eine Analyse der Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz der simulierten Technologien durch. Als Ergebnis erhalten wir eine jährliche Auflistung der einzelnen durchschnittlichen Ertrags- und Kostenkomponenten (bspw. für Einspeisevergütung, Anschaffungskosten, Versicherung, Steuern etc.). Ebenso können wir den CO2-Fußabdruck der verschiedenen Alternativen gegenüberstellen und eine Empfehlung hinsichtlich der Klimabilanz erstellen.
Wie funktioniert unsere Software?
Ausgangspunkt unserer technologieübergreifenden Analysen sind Wetterdaten: Bspw. benötigen wir für die Simulation von Photovoltaik-Anlagen Informationen zur Sonneneinstrahlung und für Wärmepumpen Temperaturmesswerte der Außenluft oder des Bodens.
Hierzu haben wir eine eigene Datenbank mit historischen Wetterdaten aus ganz Deutschland entwickelt. Diese basiert auf Wetterdaten in stündlicher Auflösung von über 500 Messtationen aus ganz Deutschland, welche über das Climate Data Center (CDC) des deutschen Wetterdienstes (DWD) zur Verfügung stehen.
Hierbei führt die REConLib zunächst eine zeitliche und räumliche Interpolation der Wetterdaten durch: Die zeitliche Interpolation behebt mögliche Fehler in den Daten, z.B. aufgrund fehlender oder fehlerhafter Informationen. Da nur eine begrenzte Anzahl an Wetterstationen vorliegt, wird eine räumliche Interpolation der Wetterdaten durchgeführt. Basierend auf vielen Messdaten können somit die Wetterdaten für den jeweiligen Standort der Technologien sehr präzise abgeschätzt werden.
Abb. 2: Interpolation der Wetterdaten als Grundlage der Technologiemodelle.
Grundlage des Elektromobilitätsmodells sind Fahrprofile verschiedener Fahrzeuge, welche im Rahmen eines Forschungsprojektes über das Fraunhofer Institut aufgezeichnet und dem RE Con e.V. bereitgestellt wurden. Somit können täglich gefahrene Distanzen und Ankunftszeiten basierend auf einem stochastischen Modell erstellt werden und basierend auf technischen Modellen das Ladeverhalten von E-Autos daraus abgeleitet werden.
Basierend darauf werden die verschiedenen Daten in einem Systemmodell des zu untersuchenden Gebäudes im Rahmen der Energieertragsanalyse miteinander verarbeitet und Potentiale aufgezeigt.
Wie gut sind unsere Ergebnisse?
Unsere Software haben wir anhand von Open Source Daten validiert: Grundlage bilden dabei die Messdaten des CoSSMic-Projektes (Collaborating Smart Solar-Powered Microgrids), ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt versch. Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Für den Standort Konstanz lagen so Messdaten für den Zeitraum von Mitte 2015 bis Mitte 2017 vor. Anhand dieser Daten konnten wir in einem ersten Schritt unser Photovoltaikmodell wissenschaftlich validieren.
Abb. 3: Messdaten (blau) und simulierte Daten (rot) des Photovoltaikmodells in der REConLib.
Für die PV-Anlage konnten wir die Stromerzeugung mit sehr niedrigen Abweichungen nachbilden. Die blaue Kurve (PV Meas) gibt dabei die Messdaten an und die rote Kurve (PV Sim) die Simulationsergebnisse. Für zwei ausgewählte Wochen in März und Oktober konnte gezeigt werden, dass die Simulationsergebnisse nur sehr geringfügig von den tatsächlichen Messdaten abweichen.
Mehr Details zu Software
Die REConLib ist eine Softwarekomponente welche flexibel als Package in Python eingebunden werden kann. Sie basiert auf einer Client-Server-Architektur, kann aber auch als rein lokale Anwendung betrieben werden:
- Grundlage ist ein Server mit einer PostgreSQL-Datenbank und Downloadroutinen für Wetterdaten aus dem Climate Data Center (CDC) des deutschen Wetterdienstes (DWD).
- Für unsere Datenbank verwenden wir einen virtuellen privaten Server (VPS). Die Datenbank kann aber auch lokal installiert und verwendet werden.
- Über eine Programmierumgebung (bspw. Spyder/Anaconda) kann das Python Package als lokaler Client genutzt werden.
- Für die Versionierung und Qualitätssicherung unserer Software nutzen wir GitLab bzw. Git als freie Software zur verteilten Versionsverwaltung von Dateien.
Abb. 4: Client-Server-Architektur der REConLib.
Mehr Inforationen für Studenten
Die Herausforderungen für einen reibungslosen Berufseinstieg als Ingenieur sind bei dem aktuellen Fachkräftemangel überschaubar, jedoch werden in Stellenanzeigen vermehrt Programmierkenntnisse wie Python, C++ oder Matlab vorausgesetzt. Dabei stellt sich die Frage, welchen Mehrwert diese Programmiersprachen bieten und in welchen Anwendungsbereichen sie eingesetzt werden.
Wir als RE Con e.V. verwenden Python beispielsweise zur Wirtschaftlichkeitsanalyse für PV-Anlagen mit Batterie und E-Auto. Hierbei werden aus umliegenden Wetterstationen die Einstrahlungswerte der vergangenen Jahre interpoliert und standort-genau gemittelt. Außerdem wird die Ausrichtung, Verschattung und der individuelle Albedo, sowie der jährliche Stromverbrauch berücksichtigt. Dadurch wird die produzierte Leistung in kWh ermittelt, welche in dem vergangenen Jahrzehnt hätte produziert werden können.
Welche Rolle spielt Python dabei?
Python hilft uns, große Datensätze schnell und einfach zu verarbeiten: Bei einem Zeitraum zur Simulation von 10 Jahren sind dies mehr als 87.600 Stunden die individuell berechnet und anschließend in der Simulation miteinander verarbeitet werden müssen. In unserem Tool dauert das nur wenige Minuten, sodass gegenüber anderen Ansätzen eine Menge an Zeit gespart werden kann. Durch die Softwarelösung ist es möglich, die Batterie oder E-Auto Ladungen mit unserem Lastgangmodell zu berechnen und dabei verschiedenste Parameter, wie den Zeitpunkt des Ladevorgangs und der aktuellen Last zu ermitteln.
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